Das Leben des beknackteren Teils des Deutschen muss ein ödes Einerlei sein. Manche von ihnen haben den Frust ihrer Kindheit ganz tief in ihrem kleinen Hirn vergraben, sind aber bereit, die Scheiße hochkochen zu lassen, so sich eine Gelegenheit bietet. Diese Gelegenheiten sind nicht gerade rar in Deutschland. Immerhin gibt es die “Sozialien Medien”. Doch hier, in den Social Networks, tummeln sich die etablierten deutschen Medien und buhlen um jeden Shitstorm, jeden Skandal, jeden Klick und jeden verkackten Kommentar auf Facebook. Sie allein hatten ein mächtiges Interesse daran, den deutschen Gauchotanz anzuprangen. Vorne weg, klar in diesem Fall, die TAZ, gefolgt vom SPIEGEL und all die anderen traurigen Gazetten bis hin zur FAZ.
Dieser Art des Skandalisierung von Fußballfreude ist ein weiter Grund, Offline zu bleiben. Der Alarmismus, die Skrupellosigkeit – die manchmal von schierer Dummheit getragen ist – wie diese Sache gestern bei der Titelfeier der Deutschen Fußballnationalmannschaft vor dem Brandenburger Tor in Berlin ausgeschlachtet wurde, ist offebar sehr, sehr deutsch. Und sehr sehr Presse, sehr sehr Angst und sehr sehr unwissend. Sesselpupser, die nur nur die Highlights des Fußball von ihrer verkrümelt Ikea-Couch glotzen, spielen sich hier als Moralapostel auf. Allerdings künstlich, denn ihnen geht es gar nicht um Moral, sondern um Website-Besucher, Klickzahlen und Aufmerksamkeit. Da kam dieser Gaucho-Tanz wie gerufen.
“So gehen die Gauchos, die Gauchos, die gehen so. So gehen die Deutschen, die Deutschen, die gehen so.” sangen Weidenfeller, Mustafi, Schürrle, Klose, Götze und Kroos und tanzten den alten Fantanz, hatten mächtig viel Spaß wie wir alle
Man muss diese Fußball-Häme, dieses gröhlenden Spott nicht mögen. Aber diese Art Humor, diese Ausgelassenheit und Freude gehört zum Fußball nun mal dazu und wird in jedem Stadion, von den Fans jeder Mannschaft in jedem Land praktiziert. Muss man ja nicht mögen, kann man ja blöd finden. Nur die SesselpupserjournalistInnen bekommen das nicht mit. Weil sie ihr weichgespültes Radel gemütlich vor der Flimmerkiste schlabbern und denken, mitreden zu müssen, wenn es um internationalen Fußball geht. Die können keine Kirche im Dorf lassen und keine Zusammenhänge erkennen. Nur plärren können sie, zetern und sich empören. Selig sind die seelisch armen.
Ich könnte auch sagen: Ausgelassenheit und Freundentaumel, Feierei und Euphorie kennen keine politische Korrektheit ihr dämlich-moralischen Scheißhacken!
“Aus diesem „Tanz“ einen Skandal zu stricken ist absurd, kleinkariert, humorlos und völlig daneben!” BILD Online auf Facebook.
Ach, was solls, ich zitiere einfach mal einen sehr guten Text, der mir aus der Seele spricht:
Liebe taz. die tageszeitung , lieber SPIEGEL ONLINE, liebe Medien,
oftmals seid ihr das fehlende Korrektiv in unserer Gesellschaft. Hilfreich, bedeutsam, mit einem guten Gespür dafür, was wichtig ist.
Manchmal seid ihr jedoch auch Nörgler, Besserwisser und Kritiker an falscher Stelle. Denn, wenn Fußballer im Alter von Anfang 20 nach 36 Stunden Partymarathon nur für einen Moment ein Lied singen, welches Euch nicht in den Kram passt, schlägt nach Wochen der Euphorie Eure Stunde: Ihr schreit auf, sprecht von Häme gegen Argentinier, von Schmähgesten gegen Gauchos, von Respektlosigkeit im Siegestaumel. Ihr urteilt über junge Menschen, denen die ganze Welt eine Strophe zuvor noch zu Füßen lag.
Lasst uns die Kirche im Dorf lassen. Lass Euch nicht dazu hinreißen, Euch wie boulevardeske Klickoptimierer hinzustellen, die jeden Versuch nutzen, User zu erhaschen, um mangelnde Online-Profitabilitäten zu kompensieren, sondern konzentriert Euch auf Qualitätsjournalismus. Auf Objektivität statt subjektiver Empfindungen auf Schülerzeitungs-Niveau.
Andernfalls geht ihr bald, wenn man das Lied zitieren möchte, wie die Argentinier nach Abpfiff des Endspiels. Vielleicht nicht gebückt, aber aus dem Sinn.
Raphael Brinkert
Quelle: Facebook
Raphael Brinkert ist Mitinhaber und Gründer von Jung von Matt/sports, Vorstandsmitglied des GWA, CEO des Werbefußballverband sowie Dozent an der International School of Management.
Update #Gauchogate Tag2:
Quelle: MEEDIA