Sharing-Trend

Share Economy – Prinzip Schnorren als Marketing-Trend

Ein alter Menschheitstraum scheint endlich wahr zu werden: Das Teilen. Wir teilen und tauschen alles miteinander, alles geht es gut, alle profitieren, alle gewinnen, alle sind happy, Peace, Love und Ponyhof. Dazu schiessen Tauschpartys und Teilen-Aufrufe, Sharing-Portale, Sharing-Börsen und Sharing-Shops wie Pilze aus dem Boden. Und Pressemeldungen natürlich, Magazine (wie das langweilige SHARE-Magazin mit dem unglaublich dämlichen Untertitel “Gut leben, Gutes tun.”) und Reportagen. Die ganze Welt, so könnte man glauben, sei in einen Tauschrausch geraten, in einen Teilungsexzess. Endlich wird alles gut, endlich wird alles Festival. Alles Sharing oder was?

Nun ist das natürlich gar nichts Neus und betrifft ausschießlich ein gewisses Netz-Klientel, ganz bestimmte Leser- und Zielgruppen. Für westeuropäische Netz-Fetitischisten ist das natürlich brandneu. Mag sein, dass sie zu jung sind, etwas zu wissen, mag sein, dass sie jedem coolen Trend, der durch Twitter und die Zeitungskiosks raunt, folgen oder dass sie einfach die Party geil finden, die mit so einer Marketingschlacht verbunden sind. Denn irgendwie haben sie nicht mitgerkiegt, dass das Teilen für Menschen von jeher selbstverständlich ist. Unter Freunden und in der Familie wurde immer geteilt. Ganze Nation leben bis heute davon. Die sind halt nicht so cool und trendy und so reich wie wir. Aber dort teilt und tauscht man ganz selbstverständlich. Und dies war seit Urzeiten so. Seit Ur-Urzeiten. Erst mit dem Beginn der “neolithischen Revolution”, als aus Jägern und Sammlern sesshafte Gemeinschaften von Bauern und Handwerkern wurden, hört es langsam auf mit dem Geteile. Je mehr Reichtum und Besitz, desto weniger wurde geteilt und getauscht.

Da es sich bei dieser Share Economy also um einen Webtrend handelt und ein starkes Interesse sehr vieler Redaktionen im Lande, egal ob Web, Print oder Fernsehen,vorherrscht, glauben viele, es sei NEU. In dem Moment, wo die erste Party aus einem Trend entsteht, ist es vorbei mit Sharing und Teilen. Denn nun geht es, wie immer, ums knallharte Geschäft. Man merkt es auch daran, dass sich amerikanische Agenturen, Startups oder “Kreative” damit beschäftigen. Dann läuft die Sache von selbst und man braucht nicht mehr nachzudenken.

Wer also nicht teilen oder tauschen möchte und selbst auf seinem blöden Smartphone keine Sharing-App installieren will, wenn einer nicht mit der Masse läuft und sich durch keinen Trend unter Druck setzen lässt, der ist eben … raus. Das macht ja eben ein Trend aus, auf den sich die medialen Gierlappen stürzen, denn sie müssen ihre Seiten ja mit irgendetwas vollklieren. Und die Werbewirtschaft will trendige Storys um ihren neusten komplett überflüssigen Mist unters Volk zu bringen. Insofern könnte es tatsächlich eine Win-Win-Win-Situation sein. Nur nicht für die Leute, die sich dem Netztrend verweigern, weil sie es für ein Affentheater halten.

Sharing, leihen, teilen, tauschen, Social Dining

Da haben wir beispielsweise das Car-Sharing mit Car2Go in Berlin mit rund 1200 Fahrzeugen. Wenn du mit dem Smart in deine neue Tauschwohnung geeiert bist, braucht du vielleicht einen Schlagbohrer, um die Bude in Kleinholz zu verwandeln. Als Schnorrer findest du auf leihdirwas.de was dir zusteht. Du kannst natürlich auch deine Kettensäge, die dir als Beweisstück noch das Genick brechen könnte, auf  tauschticket.de eintauschen. Vielleicht gegen eine Schaufensterpuppe, dann hast du wenigstens Gesellschaft.

Wenn du mehr Hilfe brauchst, könnte diensttausch.de, das als Website keinen schmissigen Eindruck hinterlässt (tausche was du kannst gegen das was du brauchst!) – weiterhelfen. Um den störenden Nachwuchs kann sich in der Zwischenzeit jemand anders kümmern. Diesen findet man auf sitter-team.de (“Kostenlose gegenseiteige Kinderbetreuung”. Aber wie soll das online funktionieren?). Ist das Kind versorgt, bricht man auf zum “Social Dining” (die neueste Bullshit-Word-Kreation in diesem Zusammenhang), für das man auf issmituns.de zugesagt hat. Wenn das nicht gut war und man mit den eher merkwürdigen Leuten um den BRaten herum saß, angelt man sich bei freizeitpartner.de (wieder so eine seltsame Seite) oder spontacts.com neue Leute, um all das zu sahren, was man alleine nicht zu teilen braucht.

Da was mein ist, auch dein ist, kommt man um einen Account bei kokonsum.org nicht herum.

Der ganze Mist braucht natürlich auch einen richtig coolen Namen, so das niemand merkt, was los ist. Deshlab heißt dieses Geteile “Collaborative Consumption” für das es natürlich wieder einen Haufen Experten geben muss. Denn ohne Experten geht heute gar nichts mehr.

vor 11 Jahren

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